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Verlegung der originalen Pietá Figur von 1681 vom neuen Friedhof und Erstellen einer Kopie für den neuen Friedhof

Die Pietá von 1681 ist im Laufe der Jahre durch Umwelteinflüsse aber auch durch Materialermüdung stark in Mitleidenschaft gezogen. Es bestand die Gefahr, dass sich das Antlitz der Gottesmutter ablöst und auch weitere Teile der Figur bei Frost sich absprengen würden. Das historisch wertvolle Andachtsbild wäre dadurch zerstört, eine Reparatur nur bedingt möglich.

Um dies vorzugreifen, hat sich der Förderkreis Historisches Seligenstadt mit der Stadt kurzgeschlossen und gemeinsam mit der Denkmalschutzbehörde darauf verständigt, die alte Pietá für den Standort auf dem neuen Friedhof durch eine Kopie zu ersetzten.  Das originale Vesperbild hat in dem als „Kerzenhäuschen“ benannten Gebäude auf dem alten Friedhof einen neuen, vor Umwelteinflüssen weitestgehend geschützten Ort eine neue Bleibe gefunden. 

Der neue Standort ist nicht willkürlich gewählt. Es beherbergte schon in früherer Zeit eine holzgeschnitzte Pieta, wie uns unser leider verstorbener Vorstandkollege Herbert Reiss seinerzeit berichtete.  Wohl aus Sicherheitsgründen wurde diese dann an das Landschaftsmuseum (Regio Museum) übergeben, welches auch der heutige Eigentümer dieser Figur ist.

Die originale, aus Sandstein gefertigte Pietà, die nun in dem Pietá-Kapellchen steht, ist von dem damaligen Fauth Johann Philipp Weber 1681 gespendet worden, wie aus der Inschrifttafel am Sockel hervorgeht.

Der Vogt oder Fauth war der oberste Beamte in der Stadt, der die hohe Gerichtsbarkeit ausübte und sein Amt unmittelbar vom Landesherren, dem Bischof von Mainz, in Empfang nahm. Fauth Johann Philip Weber wurde 1641 in Dieburg geboren und starb am 2. Juli 1681. Er kam als Kurfürstlicher Zöllner und Klosterschultheiß nach Seligenstadt und erhielt später das Amt des Fauthen. In Nähe des Marktplatzes, am Anfang der Aschaffenburger Straße, baute Fauth Weber ein nach damaligen Maßstäben ein großes, vornehmes Haus. Dies ist heute noch leicht zu finden, denn es trägt über dem großen Hofeingang das Weber’sche Wappen, nahezu das gleiche, das an dem Andachtsbild auf der Kartusche zu sehen ist: ein quergeteiltes Wappenschild, das in der oberen Hälfte zwei erhabene Streifen zeigt und in der unteren das halbe Mainzer Rad darstellt.

Bevor die Pietà auf dem neuen Friedhof verlegt wurde, war diese vor dem Steinheimer Tor an einer mächtigen Linde, auch Gerichtslinde genannt, an der Ecke Jahnstraße und Steinheimer Straße aufgestellt. Wegen Verbreiterung der Straße wurde die Figur auf den neuen Friedhof verlegt.

Wer die Skulptur geschaffen hat ist nicht bekannt. Vermutlich war es der gleiche Künstler, der 1677 auf Veranlassung des Stadtrates das Wegekreuz schuf das früher vor dem Obertor stand, im Jahr 1878 aber weit draußen vor die Stadt an den Babenhäuser Weg (heute Schachenweg) gebracht wurde. Um diese Zeit, im 17. Jahrhundert, wirkte im Raum des fränkischen Untermains der aus Miltenberg stammende Bildhauer Franz Nagel (1635 – 1701). Er war Schüler des Zacharias Juncker dem Älteren, der wiederum aus der am Untermain im 17. Jahrhundert berühmten Miltenberger Bildhauerfamilie stammte. Die älteste Tochter Franz Nagels war verheiratet mit dem Aschaffenburger Bildhauer Anton Wermerskirch, der später in Koblenz und Mainz lebte. Aus dieser Schule könnten Wegkreuz und Vesperbild, aber auch die drei Steinfiguren über dem Portal der Prälatur stammen, die Muttergottes und die Heiligen Marzellinus und Petrus darstellend.

 

Mit der Verlegung der Pietá und der Mensaplatte zu dem heutigen neuen Standort wurde auch die originale Kartusche (Inschrifttafel) ausfindig gemacht, aufgearbeitet und an die Seitenwand des Pietá Kapellchens angebracht. So befinden sich die wesentlichen originalen Teile des Gottesbildes wieder vereint an einem geschützten Platz. Das Kapellchen wurde neu mit Schiefer eingedeckt und neu angelegt. Heute erstrahlt die Kapelle im neuen Glanz und gibt dem Friedhofsbesucher einen kleinen Andachtsbereich für seine verstorbenen Angehörigen.

Der Verein bedankt sich bei allen Unterstützern des Projektes und bei den ausführenden Handwerkern.

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